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Einverleibt

Ich bin ja ziemlich froh, dass die Baustelle auf der Bahnstrecke Opladen – Köln Deutz keine Auswirkungen mehr auf die Verbindungen hat. Der ausgefallene RE7 war immer mein Rettungsanker, wenn ich die Regionalbahn, einige Minuten vorher, nur noch von Hinten gesehen habe. Allerdings fahren seitdem immer wieder mal die alten DB-Wagen, bei denen es mehr als Informatikerärmchen braucht, um die Türen aufzustemmen.

Vor zwei Tagen kurz nach 19 Uhr fand ich nach dieser Anstrengung erschöpft eine freie Bank an einem Viererplatz. Ein Herr um die 30 möchte ihn wohl lieber für sich alleine haben und strecke sich extra maximal in den Fußraum, um etwaige Interessenten mit müden Beinen von einer Kontaktaufnahme abzuschrecken. Das Spiel spiel ich so nicht mit und steige betont breitbeinig über ihn hinweg. Mich streift ein kurzer verachtender Blick, als wäre ich an einem Sonntagmorgen mit einer Blaskapelle durch sein Schlafzimmer marschiert. Aus Trotz verschränkt er die Arme und rutscht noch ein Stück tiefer. Ich ignoriere ihn und widme mich meinem Smartphone.

In Mülheim öffnet sich die Tür vom Abteil und die (ungelogen) dickste Frau, die ich jemals live und in Farbe gesehen habe tritt in den Gang. Durch den Aufstieg in den Wagen ist sie völlig außer Atem und sucht nach einem Sitzplatz. Ohne zu zögern deutet sie auf die Beine meines Gegenübers, der in Anbetracht dieser massiven Frau eine Sitzposition einnimmt, die jedem Knigge-Extremisten genügt hätte und setzt sich neben mich. Ich werden über die Bank geschoben, die Armlehne drückt mir rechts sofort unangenehm in die Seite und mein linker Unterarm ist zwischen zwei Schwimmringen verschwunden. Ich blicke erschrocken auf und habe kurz Blickkontakt mit meinem Gegenüber. Ich sehe 70 Prozent Schadenfreude gepaart mit einem Rest Überraschung über das optische Ungleichgewicht, das sich ihm auf der anderen Seite zeigt. Die Situation ist zwar etwas sehr unangenehm, aber ich kann das Handy zum Glück auch ohne die eingequetschte linke Hand bedienen. Ein Versuch mich zu befreien, wäre peinlich geworden. So ergebe ich mich in mein Schicksal …

Wenige Sekunden nachdem sich die Bahn in Bewegung gesetzt hat, steht die Dame auf, murmelt etwas von „*hust* … kann so herum nicht Bahn fahren …“, dreht sich auf der Stelle und lässt sich auf die gegenüberliegende Sitzbank fallen. Neben ihr ist es schlagartig sehr still geworden – immerhin konnte er mit einer kleinen Drehung seinen Arm vor der „Einverleibung“ retten.

Hätte er mir danach noch in die Augen schauen können, wäre dort ein HAHA in Großbuchstaben zu sehen gewesen. In Nelson-Betonung. 😉

Streikvorteil

Auch wenn es so langsam langweilig wird – morgen wird mal wieder gestreikt. 😉

Meine beiden möglichen Linien kommen im überaus sinnigen Abstand von ein paar Minuten im Stundentakt. Der Ersatzfahrplan der Linie RB 48 enthüllt aber auch ein paar Informationen, die AFAIK so nicht in den normalen Fahrplänen stehen. Nämlich Kilometerangaben zu jedem einzelnen Bahnhof!

Nun weiß ich, dass auf meiner Fahrt von Solingen nach Köln Messe rund 27 km Schiene unter mir hinwegsaust. Wenn ich das nächste Mal Langweile habe, rechne ich die Durchschnittsgeschwindigkeit auf den Teilstrecken aus – ganz ohne GPS.

Der zweite Vorteil ist das Dateiformat- ein Excel-Sheet, das ich ganz einfach zu meinem neuen persönlichen Fahrplan ausbauen kann, weil die ausfallenden Bahnen einfach nur durchgestrichen wurden.

Sehr praktisch. Aktualisiert schnell eure Datenbestände!

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Lange Nacht der Kölner Museen 2007

Heute Abend gegen 19:00 machen wir uns mit der Bahn in Richtung Köln auf, um bis 3:00 einige der Museen anzuschauen, die uns entweder bisher entgangen sind oder die wir unbedingt noch einmal besuchen wollen. 13,50€ kostet das Ticket, das auch als Fahrausweis im Kölner Stadtgebiet gültig ist.

Auf unserer vorläufigen Liste stehen:

  • Schokoladenmuseum 😉
  • Deutsches Sport & Olympia Museum
  • Duftmuseum im Farina-Haus
  • Museum für Angewandte Kunst
  • GeoMuseum der Universität
  • Domschatzkammer

Viel Stoff für die wenigen Stunden, zumal die ausgeguckten Museen etwas auf die 4 Routen verteilt sind. Der ideale Zeitpunkt das Kölner Straßenbahn-Netz auswendig zu lernen. 🙂

Solltest du noch den ultimativen Tipp haben, den wir auf gar keinen Fall verpassen dürfen: Nur heraus damit!

www.museumsnacht-koeln.de

Nachtrag 4.11:

Es war eine lange Nacht, dabei konnten wir die Zeit bis 3:00 gar nicht voll auskosten. Der letzte Zug nach Solingen wollte uns schon um kurz vor zwei in Richtung Heimat fahren – 5:52 war uns etwas zu krass. 😉 Trotzdem haben wir unser Programm bis auf ein/zwei Ausnahme absolviert:

Im Farina Duft-Museum wurde uns mitgeteilt, dass alle Führungen am Abend ausgebucht sind und wir höchstens den Verkaufsraum mit unzähligen gleich-verpackten Fläschchen anschauen könnten. Die Nacht schien dort also bereits um kurz nach 8 beendet zu sein. In Sichtweite war aber das Wallraf-Richartz-Museum, wo wir uns im Keller die Sonderausstellung „Hotel California“ angeschaut haben – u.a. Fotos und eine Videoinstallation über Selbstgeißelungen – Aua.

Im Schokomuseum standen leider die Produktions-Straßen am Schokobrunnen still – eigentlich für mich eines der interessantesten Teile der Ausstellung. Die „Public Worker“ haben wahrscheinlich einfach keinen Vertrag für Nachtarbeit – trotzdem Schade, wenn das Museum vor Menschen fast überquillt.

Zum GeoMuseum haben wir es aber wirklich aus eigenem Verschulden nicht geschafft. Das lag einfach zu weit von allem Anderen entfernt.

Zusammenfassend waren die Straßen und Sonderbusse auch zur späten Stunde absolut voll und wir konnten einige abgelegene Ausstellungen sehen, die wir sonst nie besucht hätten z.B. Z8 Kunst Literatur Fotografie.

Sollten wir uns nächstes Jahr auch auf den Weg machen, folgen wir lieber den angedachten (Bus-)Routen – das macht die Sache deutlich einfacher und bequemer. 🙂

Wenn der Deckel klemmt

Ich fahre noch immer jeden Morgen mit dem Bus zur FH. Warum? Weil die Haltestelle schön in der Nähe liegt und ich in den letzten tagen um jede Stunde Schlaf ringen musste. Auf den letzten Kilometern wird mir noch immer regelmäßig speiübel. Bemerkenswerter Weise tritt das Unwohlsein mit einer spannenden Lektüre in den Händen später ein – womit ich mich wohl von vielen anderen unterscheide.

An der Haltestelle – auf den Bus nach Hause wartend – durfte ich mir anschauen, wie Mitarbeiter der Bahn (möglicherweise auch der Stadtwerke) mit einem klemmenden Deckel zu einem Kabelschacht umgehen – so ein schweres Teil aus Beton mit Metallrahmen, ähnlich den kleinen gewöhnlichen Kanaldeckeln.

Es standen mindestens 7 Personen ratlos und diskutierend vor der verschlossenen Öffnung, die sich keinen Millimeter aus ihrer Verankerung heben lassen wollte. Zwei Männer mit den Spezial-Hebewerkzeugen hoben sich zunächst einen Wolf. Ein Lieferwagen voller Werkzeug wurde an der nahen Straße geparkt und ausgeladen: Mehrere Bretter, Eisenstangen und Rohre wurden ausgeladen und neben dem Schacht platziert. Ein Arbeiter begann mit einem riesigen Brecheisen rhythmisch auf den Spalt zwischen Deckel und Verankerung einzudreschen. Nach einigen Minuten sah er ein, dass seine Methode nicht zum gewünschten Erfolg führte und holte den Plan B aus dem Lieferwagen.

Ein Presslufthammer von der Größe eines Bodenverdichters wurde lautstark in Betrieb genommen und zertrümmerte – auf der klemmenden Kante aufgesetzt – gleich die umliegenden Pflastersteine mit. 😉 Immerhin konnte der Deckel auf diese Weise bis zu einem kleinen Spalt aufgestemmt werden, bis er wieder verkantete.

Dies war wieder das Stichwort für die Meister der Brechstangen, die ihre Chance sahen, sich über wahrscheinlich sämtliche Arbeitsvorschriften hinwegzusetzen. Da wurde zu zweit auf der Eisenstange herum gesprungen, bis die Personen ihren vorhersehbaren Abflug machten und nur so über den Gehweg purzelten. 🙂 Ein böser Junge hätte sich für ein Video der Situation bestimmt ein paar hundert Euro bei den bekannten Pannenshows verdienen können.

Knappe 20 Minuten später war die Operation aber doch geglückt und es wurde zunächst ein wassergefülltes verstopftes Schmutzsieb herausgezogen und ein paar Meter weiter zur Hälfte in den nächsten Kanal entleert, bis jemand anmerkte, dass diese Aktion das Problem möglicherweise nur um wenige Meter verlagern könnte. ^^

Dann kam leider auch schon mein Bus – sonst könnte ich euch möglicherweise auch noch mitteilen, wie viele Arbeiter nach der Anstrengung – eine Zigarette rauchend – in das gähnende Schwarz gestürzt sind.

Lustige Truppe. Hab vergessen den nächsten Punkt ihrer Tournee zu erfragen.

Verlaufen

Ich habe mich doch heute nach der FH glatt am Deutzer Bahnhof verlaufen. Durch den Bahnstreik habe ich die Bahn gegen die holprige Busfahrt von Wermelskirchen nach Köln eingetauscht. Das dauert zwar näherungsweise gleich lang und scheint auch ohne Umstieg bequemer zu sein, doch ist die Strecke über Berg und Tal so furchbar, dass mir beim Lesen ganz schlecht wird. Darüber hinaus helfen die unbequemen Sitze auch kein bisschen, wenn der Busfahrer durch schärfsten Kurven und Kreisverkehre brettert und ich abwechselnd gegen Sitznachbar und Fensterscheibe geworfen werde. Schade, dass ich mich immer für ein Verkehrsmittel entscheiden muss, weil sonst mein Auto irgendwo einsam auf seinen Fahrer wartet.

Aber zurück zu meinem heutigen Problem:

Ausgestiegen bin ich morgens an der Haltestelle „Köln Messe“, um wie gewohnt in die U-Bahn zusteigen. Auf dem Rückweg folgte ich meiner Ansicht nach den Schildern, die mich Richtung Messe führen sollten. Als ich mich aus den Tunnels befreit hatte, stand ich auch vor dem Messegelände aber in unbekannter Umgebung und direkt vor einem lachenden kaffee-trinkenden Streikposten der GDL. 😉 Nach ein paar Minuten Fußmarsch hatte ich zwar noch immer Blick auf Messe, Schienen und Hauptverkehrsstraße, doch keinerlei Ahnung mehr wo meine Haltestelle sein sollte. Die mir vollkommen unbekannten Abfahrtszeiten taten dann ihr übriges, mich unruhig werden zu lassen. Letztendlich dehnte ich meine Suche dann auf einen Haltepunkt der S-Bahnlinie 4 aus, die mich nach Leverkusen-Schlebusch brachte – wo ich an einer mir bekannten Haltestelle umsteigen konnte. 😉

Ein Blick in Google Earth macht mich noch viel ratloser, wie ich auf so wenig Fläche so effektiv die Orientierung verloren habe. Merke: Der mysteriöse Ort „an der Messe“ wird mit wachsender Fläche des Messegeländes immer ungenauer.

Morgen mach ich es besser. 😉

Große Literatur

Heute morgen beobachtete ich am Bahnhof eine Dame von ca. 55 Jahren, die mir am nächsten Bahnsteig direkt gegenüber stand. Mit voller Körperspannung sah man ihre Augen schnell über die Zeilen wandern. Dabei bewegten sich stetig ihre Lippen, als würde sie sich die Zeilen selber aufzusagen. Das machte sie mit einer Hingabe und einem euphorischen Gesichtsausdruck, dass ich einen der bedeutendsten Lyriker aller Zeiten in ihren Händen vermutete. Leider konnte ich den Buchrücken nicht sehen, um den Namen dieses Besten aller Autoren herauszufinden. Ich musste mich nicht nur auf die eiskalte Bank setzten, sondern mich auch noch ganz tief unten an meinem Rucksack zu schaffen machen.

Mit zusammengekniffenen Augen konnte ich endlich einen Blick auf das Cover erhaschen:

In eindeutiger Pose eine blonde Frau und ein junger muskulöser Mann mit freiem Oberkörper. Der Titel vom Schlag: „Wenn der Pirat 3x ins Nebelhorn bläst“ – die schlimmste Trivialliteratur. 🙂

Tja, jeder hält sich auf seine Art und Weise warm, wenn die kalten Monate ins Land ziehen. ^^

Bahngeschichten 3

Gestern Abend ist es leider wieder extrem spät geworden. Mit dem angekündigten Streiktag sah ich meine Nachtruhe wieder empfindlich zusammenschrumpfen. Darum kam ich heute morgen am Solingen HBF Andreas Vorschlag zurück, mich mit einem doppelten Cappuccino ins Leben zurückzuholen. Daraufhin traf leider die einstündige Verspätung der Regional-Bahn auf meinen plötzlich vollkommen unterforderten Kreislauf, der normalerweise nicht einmal eine morgendliche Kasse Kaffee vor die Augen bekommt.

Das heißt: Ich war verdammt, mit einem Puls von 180 am Gleis 1 nervös auf und ab zugehen, weil mich die hochfrequenten Entschuldigungs-Durchsagen durch die Lautsprecher äußerst effektiv von meiner Zuglektüre „Leslie Silbert – Der Marlowe Code“ abhielten.

Die Rückfahrt um halb 2 hatte eben immer noch gute 25 Minuten Verspätung.

Morgen habe ich wieder die Wahl: Überfüllte Busfahrt im Stundentakt, 90 Minuten Stop&Go auf der Autobahn + Parkplatzsuche, 30 Minuten Landstraße + unmöglicher Parkplatzsuche an der S-Bahn oder schläfrige Ahnungslosigkeit am Bahnhof.

Bahngeschichten 2

Morgen wird wieder gestreikt. Dieses Mal ohne Ersatz-Fahrplan und ohne echte Einschränkung der Streikdauer. Da wird mir wohl nichts anderes übrig bleiben, als mal wieder meinen Zweiachser über die Autobahn zu quälen. Für große Experimente mit dem ÖPNV habe ich morgens um 6:00 einfach keine Lust. 😉

Mitte dieser Woche bin ich zum ersten Mal in den Genuss einer Notfallbremsung der U-Bahn gekommen. Kurz nach Abfahrt hat sich wohl im hinteren Segment ein Trunkenbold 🙂 an der Notbremse festgehalten. Der Fahrer musste so einiges an Anschuldigungen ertragen, bevor der Grund für den abrupten Halt in der hintersten Ecke des voll besetzten Abteils angekommen war und sich auch die herumkugelnden älteren Damen vom ersten Schock erholt hatten. Mir fehlt natürlich die Erfahrung, ob so etwas in der normalen Kölner Hektik öfter vorkommt – schön war es auf jeden Fall weniger. Mehr als eine Ermahnung hatte der Vorfall für den Auslöser offensichtlich auch nicht.

Eine andere Art von Hektik gab es morgens am Solinger Bahnhof. Die Regionalbahn nach Köln bzw. Bonn ließ auf sich warten und wurde auch bald mit 15 minütiger Verspätung ausgerufen. Die Gesichter der Wartenden – ich lasse bei Durchsagen gerne mal neugierig meinen Blick schweifen – wurden zunächst lang, bis die Ersten einen Zug am anderen Ende der Gleisreihen einfahren sahen. Man sah förmlich, wie plötzlich Augen verwirrt zwischen Bahnhofanzeige und Aufschrift des Zuges hin und her huschten, Stirne gerunzelt wurden.

Der Zug fuhr nämlich auf die Minute pünktlich, aber auf dem falschen Gleis ein.

Plötzlich beobachteten Menschen aus den Augenwinkeln nervös ihre Umgebung, um ja nicht den Moment zu verpassen, in dem sich die Herde in Bewegung setzten würde. Erst die Durchsage zerstörte diese Sekunden der Unsicherheit:

„Aufgrund einer Fehlinformation fährt der Zug nach Bonn Mehlem ab Gleis X …“

Ein Leittier im Anzug und mit langen Beinen setzte sich an die Spitze der entstehenden Bewegung. Selbst die vertieftesten Bücherwürmer bemerkten nun die veränderte Situation, versuchten sich in ihrer Umgebung zu orientieren bzw. schlossen sich – dem inneren Panikreflex gehorchend – einfach der Masse an. Ältere und mit Koffern beladene Reisende wurden überholt und verloren schnell den Anschluss an die flüchtende Gruppe.

Leider ist mir nicht bekannt, ob in solchen Fällen Schaffner, Ausrufer und das Reinigungspersonal zurückbleibende schwächelnde Tiere Mitmenschen in die Enge treiben und verspeisen. Man hört ja so einiges. 😉

Ich hatte es immer als Übertreibung abgetan, aber Bahnfahren scheint offensichtlich wirklich die tägliche Portion Abenteuer zu sein. Wie eine Schachtel Pralinen, man weiß nie ….