Archiv für den Monat: Oktober 2016

Roadtrip nach Legzira

Wir betrachen nach Süden auf ohne unser genaueres Ziel für den Tag zu kennen. Wie wussten, dass unsere Navigation auf dem Mobiltelefon die Fahrzeit sehr optimistisch berechnet und so waren wir auch auf einen Zwischenstopp in oder um Agadir eingestellt. Die Stadt ist als Zielort des Pauschaltourismus in Marokko bekannt und zieht entsprechend viele Menschen an. Uns hat die Stadt nach einer Pause, einem kühlen Getränk und einen kurzen Blick auf die Promenade mit den internationalen Karten wieder verloren.

Der Atlantik braust unter uns und eine Treppe führt bis an den Strand, an dem einige kleine Herbergen mit warmer Küche stehen.

Wer selbst einmal die große Attraktion dieses Ortes sehen möchte, muss nun ganz stark sein und möge sich bitte setzen.

Von den zwei großen Felsbögen, die sich hier mit einer Seite am Land festhalten während die See an der Anderen zieht, steht seit ungefähr zwei Wochen nur noch einer. Der kleinere Bogen ist nur noch ein Haufen roten Gesteins und Felsen. Noch ist der Berg fast unangetastet von Wasser und Wetter und der Durchgang nach Süden versperrt.

Wir haben beim Durchschreiten des verblieben Bogens auf dem Rückweg mehrfach bange nach oben geblickt, um Steinen ausweichen zu können, die bedrohlich aus der Wand ragen, als könnten sie jederzeit fallen.
Mal sehen, wie lange uns das Lager hier gefällt und zur Verfügung steht. Dann geht es nach Nordosten zu den Ausläufern der zentralen Berge weiter. 

Essaouria

Nach zwei Nächten am Rand von Marrakesch zog es uns an das Meer. Wir fuhren nach Osten nach Essaouira, wo wir am nördlichen Ende der Strandpromenade – die aktuell noch fertiggestellt wird – einen Campingplatz fanden. In einem mit Mauern eingefassten Hof standen bereits einige Wohnwagen unter Bäumen, die reichlich Schatten spendeten.

Nach dem Weg zum Sandstrand konnte man am anderen Ende der Bucht bereits die Mauern der Altstadt mit dem Fort und den abschließenden Fischerhafen erkennen. Der Wind hatte den Sand an vielen Stellen zu kleinen Dünen aufgetürmt, so dass mit der richtigen Perspektive der Eindruck erstand, wir wären bereits in der Weite der Sahara angekommen.

Am Strand warteten auch Kamele (oder waren es Dromedare?) sowie einige Pferde auf die Touristen, der sich zu einer Tour am Strand überreden lassen würden. Das Dach der Bastion, die mit der Medina Tim Weltkulturerbe der UNESCO gehört, bietet einen Blick auf den Steg, auf dem nicht nur der frische Fisch verladen, verkauft und zubereitet wird, sondern auch Fischkutter im Trockendock repariert und neu gebaut werden.

Auch ohne Karte der Stadt findet man schnell wieder ein Tor, um den  schmalen und gewundenen Gassen zurück an den Stand zu entfliehen. 

Der erste Nachmittag brachte mir den ersten Sonnenbrand im Nacken, so dass ich den zweiten Tag – farblich äußerst gewagt – mit einem kleinen lila-farbenen Handtuch unter der Schirmmütze eine schattige Stelle hinter einer Düne suchte und fand, um dort zu lesen.

Im Marokko (oder Teilen des Landes) finden bald Wahlen statt und wir machen uns einen Spaß daraus, die Wahlkampf-Flyer zu sammeln, die in Mengen über die Straßen geweht werden und in jedem Gestrüpp hängen bleiben. Jede Partei hat ein einprägsames Piktogramm (wahrscheinlich auch wegen der hohen Analphabetenquote) das auf jedem Flugblatt exakt zweimal vorzugsweise gekreuzt abgebildet ist. Wir können die Parteien zwar nicht anhand der Schrift identifizieren, aber wir können sie wie ein Sammelkartenspiel vervollständigen. 

Wir besitzen bereits Waage,  Vogel, Palme, Traktor, Lampe, Buch/Koran, Pferd, Ähre, Biene. Außerdem wissen wir bereits von der Existenz eines Briefes und Regenschirms, um unseren Satz zu vervollständigen. 

Eine kleine Spielerei, wenn wir eine langweilige Straße hinter uns bringen müssen. 😉

Die Medina von Marrakesch

Ich hatte etwas Bange vor dem Trubel an den Eingängen der Medina, so dass wir den Wagen am Rande des Ville Nouvelle abstellten. Einer der zahllosen Parkwächter in gelber Weste wies uns, dicht an das nächste Auto gepresst, ein und hätte sich gerne noch ein paar Münzen mit dem Putzen der Scheiben verdient – dies war heute aber noch nicht nötig.

Wir umrundeten die Stadtmauer der Medina und arbeiteten uns von Süden durch das jüdische Viertel nach Norden vor. Eine Synagoge mit kurzen Beschreibungen der wichtigsten Persönlichkeiten der Gemeinde und ein jüdischer Friedhof mit einem Meer aus weiß-getünchten Gräbern. Am Eingang saß bereits der zweite Fremdenführer des Tages, der uns ungefragt durch die Gassen schob. Die Synagoge hätten wir ohne Hilfe nicht gefunden, aber wir hatten nun vor, die Stadt in unserem eigenen Tempo zu erkunden. Mit einigen wenigen Dirham verabschiedeten wir uns von ihm.

Auf dem Weg zum Bazar bzw. den Suks besuchen wir den Bahia Palast, um uns die verzieren Decken und Bögen anzusehen und auch das Kunstmuseum im Dar Si Said. 

Sehr beeindruckend, aber auch furchtbar kahl, da im Palast, in den Saaditengräbern und in der Koranschule die leeren Höfe, Zimmer und Fliesenspiegel dominieren. Nur die Stuckarbeiten und Mosaiken haben es in die Jetztzeit geschafft.

Dafür tobt auf dem zentralen Platz der Medina – dem Djemaa el-Fna – das bunte Leben, an dem auch im Norden die teils überdachten Verkaufsgassen anschließen. Die Orientierung ist entsprechend schwierig und die meisten Geschäftstreibenden werden erst so richtig munter, wenn man etwas länger stehen bleibt und ein Stück genauer unter die Lupe nimmt.

Witziger Weise beginnen die spontanen Kontaktaufnahmen häufig mit der Frage „You know what this is?“ und einer längeren Pause, in der man sich scherzend fragen könnte, wer denn hier gerade der Experte für die angebotenen Waren ist.

Es gibt Lederwaren, Stoffe, Gewürze, allerhand aus Holz und Knabbereien in großen überquellenden Auslagen.

Auf dem Platz stehen die Ess- und Saftstände. Andrea hatte gleich zu Beginn ihre Hand bei einer Henna-Künstlerin nicht schnell genug weggezogen und plötzlich eine Linie der Paste auf dem Handrücken.

Außerdem wird alles angeboten, was auch bei uns gelegentlich als typisch-afrikanische Skulpturen in Ethnoshops steht, hier aber genauso fehl wirkt.

Die marokkanischen Muster und Farben die jeden Gegenstand zieren finde ich persönlich schon sehr angenehm, aber in einer Wohnung mit Stilmix wie unserer wird jedes Stück ziemlich herausstechen. Am Stand lässt sich das in der überwältigenden Vielfalt nicht objektiv bewerten. 

Wir stiegen in einer Gasse drei Etagen empor auf eine Dachterrasse mit bestem Blick auf den Platz, der sich zur Dämmerung mit zusätzlichen  Grillständen, Schlangenbeschwörern, Artisten, Wahrsagerinnen und Geschichtenerzählern füllt. Diese Geräuschkulisse ergibt im Schein der vielen Lampen eine Atmosphäre, wie man sie aus Abenteuerromanen und Filmen kennt.

Auf dem Rückweg – der nächste starke Schauer ließ nicht mehr lange auf sich warten, ließen wir die Medina ohne Umweg hinter uns. Ich war äußerst dankbar dafür, dass ich die Position unseres Parkplatzes per GPS markiert hatte und so zumindest die Position auf einige hundert Meter eingrenzen konnte. 

An unserem letzten Tag werden wir noch einmal einige Stunden Zeit haben, die Stadt zu erkunden und dich das eine oder andere Mitbringsel zu erwerben.

Ankunft in Marrakesch

In Marrakesch dauerte die Passkontrolle etwa eine Stunde und auch die Schlange vor der Autovermietung wurde mit Gelassenheit abgearbeitet. Wir hatten uns nach einigen Internet-Bewertungen auf das schlimmste eingestellt und waren eher positiv überrascht, dass wir so bald vom Parkplatz fuhren.

Nach einer Fahrt durch die Stadt und später nach Norden zu unserem Campingplatz sind mir die Verkehrsregeln in den Kreisverkehren weiterhin schleierhaft. „Im Zweifelsfall Vorfahrt achten und sich Zentimeterweise vortasten“ scheint ein guter Leitsatz zu sein. Ansonsten imitiere ich die anderen Verkehrsteilnehmer und versuche keine Zweiräder bei ihrer kreativen Wegfindung zu treffen.

Wir haben uns für die ersten Dirham eine urbane Mahlzeit gekauft und sind mit Hilfe der Touristeninformation 10 km nördlich kurz vor der Schnellstraße nach Casablanca auf einem Campingplatz gelandet, der uns für zwei Nächte als Ausgangspunkt dienen wird. 

Beim Aufbau zogen dunkle Wolken auf und kaum steckte der letzte Hering in der lehmigen Erde, goss es wie aus Kübeln. Andrea hatte sich in das Zelt geflüchtet, während ich noch im Auto nach einem Ladekabel suchte, als das Unwetter mit Erbsen-großen Hagelkörnern den Platz unter Wasser setzte. Unsere Isomatten schwammen förmlich auf dem Zeltboden wie auf einem Wasserbett, als sich das Wasser dort sammelte. Nach 30 Minuten stürmte ich zu Andrea, um das Leid zu teilen – zwei Stunden später war der Spuk vorbei und das Zelt mit sandigem Matsch gesprenkelt. Der Zeltboden blieb dicht!

An die Kombination von Nordafrika und Hagel hatten wir nicht gedacht.

Das große Packen wäre einfacher gewesen, wäre uns die Existenz eines voll ausgestatteten Decathlon an der Hauptstraße bekannt gewesen – ein Koffer weniger auf dem Hinflug, um es ganz genau zu sagen.

Morgen wird die Seenplatte um uns herum bestimmt verschwunden sein und wir drehen eine Runde durch die Medina.

Abflug

Taschenmesser im Handgepäck? Kann passieren, wenn in der Not die Schuhe aus dem Koffer verbannt werden, weil wir hart an der 30 kg Grenze kratzen. Zum Glück ist das Sicherheitspersonal in diesem Fall entspannt und wahrscheinlich leidgeprüft.

Wir fliegen nach Marrakesch in Marokko, um von dort drei Wochen mit dem Mietwagen durch das Land zu fahren. 

Unser Gepäck ist insbesondere durch das Camping-Equipment so schwer geworden, dass wir jedes mögliche Kilo in das Handgepäck ausgelagert haben. Hoffentlich schöpft die Autovermietung den Spielraum der „Kompaktklasse“ bei der Größe des Kofferraumes nicht zu sehr nach unten aus, denn dann könnte es schwierig werden, unsere Sachen zu verstecken.

Ich wünsche euch einen schönen angenehmen Spätherbst! Wir fliegen in 35 Grad Sonnenschein an den Rand der Wüste.