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Auf dem Meer

Am Montag hatten wir uns für Mittwoch Nachmittag zwei Plätze auf einem Katamaran im Hafen von Funchal reserviert, um mit 16 Anderen auf Delphin- und Waltour zu fahren. Die Zeit davor nutzen wir, um all die schönen Forts, Gärten und Friedhöfe abzulaufen, die uns am Samstag verschlossen geblieben waren. Etwas die Hügel hinauf und hinunter, aber keine sportliche Höchstleistung, denn die letzte Levada-Wanderung, bzw. der Abstieg war noch deutlich zu spüren.

Am Hafen wurden die Touristen in 100+ Personengruppen auf große Schiffe verladen, während wir in der kleinen Gruppe zwar hinterher schipperten, aber uns ausstrecken konnten. Gleich zu Beginn tauchte eine Gruppe mit drei großen Tümmlern in einiger Entfernung auf, die bald beidrehten. Dann wurde es still auf dem Boot, jeder döste vor sich hin, bis wir zum geplanten Schwimmplatz getuckert waren. Der Himmel war für den Meisten wohl zu bedeckt, denn es sprangen neben uns nur zwei weitere Damen für ein paar Minuten ins Wasser.

Zurück ging es an der Küste vorbei an den vielen Hotels im Westen der Stadt mit ihren eigenen Badeanstalten unter ihnen. Zum Abend fanden wir ein indisches Restaurant oberhalb der Uferpromenade, um etwas Abwechslung in den Speiseplan von uns Meeresfrüchte-Verweigerern zu bekommen.

Der Maracujaweg

Der Ruf nach einem weiteren Tag Wandern entlang einer Levada (dieses Mal die Levada dos Tornos) führte uns zunächst wieder nach Funchal, wo wir die große Markthalle aufsuchten, die beim unserem letzten Besuch geschlossenen hatte. Passend zum Titel der heutigen Wanderung wollten wir uns mit Früchten eindecken. Man wäre allerdings mit dicker Haut und deutlichem „Nein danke“ auch ohne Kauf wieder heraus gekommmen und hätten trotzdem von allen lokalen Spezialitäten probieren können. Wir hatten letztendlich von drei Maracujasorten, Baumtomate, Kaktusfeige und Bananenananas jeweils ein Exemplar im Rucksack. Letztere Frucht muss noch einige Tage nachreifen, bevor sie essbar wird. Hoffentlich vor unserem Abflug.

Ein weiterer Bus brachte uns nach Camacha, der Korbflechterstadt, die Startpunkt unseres Weges sein sollte. Wir trafen an der Levada den ganzen Tag nur eine einzige Gruppe Wanderer in Gegenrichtung, dafür war immer wieder mal jemand in den Gärten, Plantagen und Felder beschäftigt. Gleich zu Beginn kam auch das erste Mal unsere Taschenlampe in einem Levadatunnel zum Einsatz – weitere, weitaus feuchtere sollten folgen.

Bald hingen auch die ersten Früchte der Bananen-Maracuja am Wegesrand. Plage für die einheimischen Wälder und doch Lieferant von sehr leckeren Früchten. Im späteren Verlauf des Tages fanden wir eine reife Frucht in erreichbarer Entfernung abseits jeder Zivilisation und konnten Marktware mit Wildtyp vergleichen – nahezu identisch.

Jede Sorte Maracuja hat wirklich sowohl vom Geschmack als auch von der Form Ähnlichkeit mit der Frucht die ihr im Namen vorran gestellt wird – Orange, Banane, Lemon – ein Wunder der Züchtung.

Unterwegs auf Höhe der Wolken hatten wir gegen Ende mit der sonderbaren Mischung aus strahlendem Sonnenschein bei stärkerem horizontalem Nieselregen zu schaffen. Ohne Regenjacke wurde alles klamm und bei lauen Lüftchen kühl, doch unter der Plastikjacke wurde es sofort so warm, dass man lieber das Wasser von Oben am Körper hatte.

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Aus praktischen Gründen wandelten wir den Weg ab, verließen die Levada vor dem finalen Wasserfall in der Nähe der Sitios das Quatro Estradas und folgten einer steilen Straße hinunter nach João Ferino, nahe Santa Cruz, unserer Heimatbasis. Der Weg über einen Bergrücken bergab bei rutschigem Asphalt beansprucht die Beine fast mehr als der lange Marsch entlang der Wasserkanäle. Dafür gab es wieder eine tolle Aussicht auf Santa Cruz und einige Landungen am Flughafen. Das Ganze unter einem spektakulären Regenbogen (Double Rainbow! 😂) bei dem der Topf Gold zum Greifen nahe war.

Levada in Richtung Porto da Cruz

_DSC0187Der Bus brachte uns an den Aufstieg zum Pico do Facho, wo wir unsere erste Levada-Wanderung begannen. Diese schmalen Wasserkanäle durchziehen die ganze Insel, schmiegen sich mit sanftem Gefälle an die Hänge, bewässern je nach Bedarf die Gemüsefelder unterhalb und eignen sich sehr gut dazu, neben ihnen gehend Orte abseits der großen Straßen zu entdecken. Auf den Feldern wachsen in kleinen mit Mauern begradigten Parzellen Mais, Kohl, Zucchini, Kürbisse und jede Menge kniehoher Wein, der jetzt im August nur noch ein paar Wochen bis zur Reife benötigt.

An einer Abzweigung verlassen wir das Wasser und steigen an einer kleinen Brandrodung vorbei hinauf zum Boco do Risco, wo wir den Grad überschreiten und mit einem Mal freie Sicht auf die steile Küste zwischen Porta da Cruz im Westen und der Halbinsel Sao Lorenco im Osten haben. Der Pfad führt durch einen Wald von Lorbeer- und Eukalyptus-Bäumen, bis sich dieser ausdünnt und nur noch der freie Blick hinunter zur Küste übrigbleibt. Nur ein Schritt und 300m taumelnder Fall entfernt. Eine gewisse Schwindelfreiheit und Vertrauen in seine Beine sollte man also im Gepäck haben. Belohnt wird man mit atemberaubenden Ausblicken an jeder Biegung.

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Irgendwann wird der Pfad wieder zum Weg und Porta da Cruz liegt mit seinem schwarzen Strand unterhalb. Es geht wieder durch Weinfelder an Levadas hinab. Wie mieden an diesem Sonntag das überfüllte Strandbad und warfen uns gleich am Fuße des Berges in die Wellen, um bedeckt mit klebendem schwarzen Stand wieder hinaus zu steigen. Den wird man erst an der Stranddusche wieder los.

Die Busfahrt zurück an die Südostküste ist eine Attraktion für sich. Die Straße schlängelt sich in absurd vielen und steilen Biegungen bis hoch nach Portela. Der Reisebus hupt vor jeder Kurve und fährt dann doch mit hoher Geschwindigkeit hinein, um gelegentlich von Gegenverkehr überrascht zu werden. Dann geht es auf der anderen Seite auf gleiche Art und Weise wieder hinab.

 

Feststimmung in Monte (Funchal)

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Die Inselhauptstadt Funchal liegt eine halbe Stunde mit dem Bus von Santa Cruz entfernt. Es gibt eine Seilbahn, die einige Kilometer hoch nach Monte fährt. Dort gibt es eine Wallfahrtskirche inkl. Marienerscheinung, deren Fest gerade heute mit großer Prozession und Feierstimmung begangen wurde. Wir hatten uns im Reiseführer verlesen und den Aufstieg zu Fuss nach Monte unterschätzt. Nach einem Drittel wechselten wir in den Bus, der noch die letzten Besucher zum Gelände brachte. Die Statue hatte inzwischen wieder ihren Platz in der Kirche eingenommen und unter buntern Girlanden wurde gesungen, getrunken und vor allem gegessen.

Das madeirische Brot mit Knoblauchbutter gab es an zahlreichen Ständen, dazu Poncha mit allerlei Fruchtsäften (aus Zuckerrohrschnaps), süß-fritiertes Gebäck und traditionelle Fleischspieße aus Lorbeerholz, die man sie selbst am Holzfeuer grillen durfte. Letzte ließen wir aus und genossen einfach das bunte Treiben. Die übrigen Sehenswürdigkeiten gingen im Zuge des Feiertages etwas unter – leider auch der (geschlossene) Bauernmarkt, wo wir uns durch die Früchte der Insel probieren wollten

Den Weg zurück zur Küste bahnten wir uns dann zwischen Gärten, Häusern und Villen abenteuerliche Straßen hinab, die schon zu Fuß nur schwer begehbar waren, von den Anwohnern aber mit dem Auto befahren werden. Diese Erfahrung werden wir mit unserem gemieteten Kleinwagen wahrscheinlich noch in der zweiten Urlaubswoche machen können.

Wir flannierten noch etwas auf der Promenade und in den öffentlichen Parks bis wir uns in der Altstadt ein kleines Lokal für das Abendessen suchten. Der Bus zurück sammelte uns kurz nach der Dämmerung wieder ein.

 

Insel der Eidechsen

wpid-dsc9867.jpgDer trockenste Ort von Madeira, die Halbinsel São Lorenco, liegt im Nordosten hinter der Stadt Canical. Mit dem Bus fährt man bis Baia d’Abra zum Parkplatz und wandert los. Auf den roten Felsen wächst nur wenige Zentimeter hoch dürres Gras, sukkulentes Grün und Disteln. Dazwischen schlängelt sich der staubige Weg über Plateaus, und mit Drahtseilen gesichert an schroffen Klippen entlang. Man wäre selbst als einziger Besucher des Tages nie alleine unterwegs, sondern stets beobachtet von den neugierigen Augen zahlloser Eidechsen, die ihren Teil der Sonnenstrahlen abhaben wollen.

Die erste Hälfte des Hinwegs blies uns ein feiner Nieselregen entgegen, dem wir mit der Wahl unserer Wanderung eigentlich entgehen wollten. 🙂 Dieser hielt aber nicht lange an, so dass die Sicht auf die beeindruckenden Abhänge ins Meer frei war. Bei den Farben sind alle Braun- und Rottöne bis ins Gelbe in Farbverläufen vertreten – wir vermuten, dass dies der alte Meeresboden ist, der nun die Urlaubsinsel bildet. Durchzogen wird er von breiten schwarzen Linien vulkanischen Gesteins, das auch weniger verwittert hervor sticht.

Nach einiger Zeit entdeckt man die Oase aus einem haben Duzend Palmen, Picknicktischen und einem Besucherzentrum hinter dem nächsten Felsgrad. Dahinter kommt der steilste Abschnitt bis zum Aussichtspunkt.
Bei den hohen Temperaturen die sich inzwischen eingestellt hatten, nutzten wir jede Möglichkeit die Aussicht in unserem Rücken zu würdigen.

Die Touristen haben die Eidechsen auf der Spitze fast zahm gefüttert. Wir brachen Stücke eines zurückgelassenen Schokokekses ab und waren bald umringt von kleinen Dinosauriern, die uns in die Finger zwickten und sich auch auf die Hand nehmen ließen. Irgendwann flitze ein Großteil in Ritze und Spalten davon, da sich ihr Fressfeind, nur einen Meter von uns entfernt, aus den Wolken hinabgelassen hatte und nun seinen Anteil am Festschmaus einforderte.

Der Rückweg war deutlich wärmer und sonniger mit viel knalligeren Farben der Landschaft, so dass wir an den meisten Aussichtspunkten ein weiteres Mal die Kameras zückten.

Der Bus war gerade erst abgefahren, so dass wir die Straße entlang, an einer wieder sehr verlassen wirkenden  Gated Community/Resort im Stile eines mittleren Dorfes, bis zum kleinen Traumstrand „Prainha“ liefen, wo wir aber nur einen Blick von der Straße riskierten, bevor der Bus uns einholte.

Inzwischen haben wir unser endgültiges Zimmer bezogen – mit Blick auf unseren kleinen (und kalten) Pool, an dem wir bestimmt noch einige Bücher verschlingen werden.

Hallo Madeira

Madeirawpid-dscn4576.jpg empfängt uns an einem stürmischen Nachmittag. Die Sonne brach auf dem Weg vom Flughafen bis ins Zentrum von Santa Cruz aus den Wolken. Dann zogen langsam wie angekündigt die Wolken von Norden über die Insel. Der Empfang im Hotel brachte gleich eine Überraschung – Wasserrohrbruch – eine Etage inklusive unserem Zimmer steht unter Wasser und wir müssen für eine Nacht im Ortskern untergebracht werden. Wir sind gespannt, ob es dabei bleibt.

Der Badebereich an der Uferpromenade zeigt die rote Flagge – nur ein paar hartgesottene Portugiesen sind im Wasser, bleiben aber an den Eisenleitern der Betonstege, die einige Meter ins Wasser reichen. Man merkt, das man sich hier mitten im wilden Atlantik befindet, der die kiloschweren schwarzen Vulkansteine zu Kieseln formt und in der Brandung zu Wällen auftürmt.

Irgendetwas ist allerdings in den letzten Jahren hier im Dorf passiert. Sehr viele Leerstände – ein Geistereinkaufszentrum in dem sich laut Tripadvisor die beste Pizzeria befinden sollte. Das Strandbad mit zwei Pools wird scheinbar auch nicht mehr verwendet oder war nur heute verlassen. Entweder fallen hier zum Wochenende die Touris aus den Hotels oder naja …  die Wirtschaftskrise.

Wir werden morgen mit dem Bus nach Norden bis Canical fahren und die Halbinsel São Lourenco erkunden. Diese wird für alle Fälle in allen Reiseführern als Wetterfest bezeichnet.

Schöne Grüße von der Blumeninsel! ☺

Ein Tag in Essen

Andrea hatte mir zum Geburtstag einen Tag in Essen geschenkt, den wir am Samstag bei bestem Wetter angetreten sind. Der Höhepunkt war der Besuch des Weltkulturerbes Zeche Zollverein. Auf meinen Wunsch hin hatten wir sogar beide Führungen über vier Stunden durch Kohleförderung und Kokerei gebucht und dafür in der Planung die Villa Hügel hinten angestellt.

Nach der Bahnfahrt machten wir einen kurzen Zwischenstopp auf der Essener Einkaufsmeile, wo ich wie ein ordentlicher Gutmensch mit festem Schritt und grimmigem Blick am Primark und den davorstehenden Opfern des Fashion-Marketings vorbeimarschierte, während im Rucksack meine dort höchstpersönlich gekaufte Jacke auf den ausbleibenden Kälteinbruch an jenem Tage wartete. Der Sportdiscounter am anderen Ende der Straße hatte auf mich den gleichen Effekt wie die Grabbelecken im Ikea – alle paar Meter wanderte etwas mit fragwürdigem Nutzen für den Urlaub in den Einkaufskorb.

Zeche Zollverein

Mit dem Schienenersatzverkehr kamen wir am Gelände der Zeche an, klebten uns einen Sticker mit lila Streifen an die Brust und wanderten mit einer kleinen Gruppe durch den Gebäudekomplex, wo wir gelegentlich der zweiten zeitgleich gestarteten Führung begegneten. Die Anlage macht trotz des großen Besucherandrangs einen sehr authentischen und unangetasteten Eindruck. Der Kohledreck hängt in jeder Ecke und Spalte. Ich bin mir sicher, das bei jeder Instandhaltung und notwendigen Renovierung genau darauf geachtet wird, das der Patina nicht das selbe Schicksal wie Beuys Fettecke ereilt. Wir hatten leider nicht das Glück einen Kumpel von damals als Begleitung zu bekommen, aber die Erklärungen (auch auf Nachfragen) waren kompetent und von der Sprache dem Pott deutlich zugeordnet.

Für ordentliche Fotos blieb kaum Zeit, obwohl eine tolle Szene an der nächsten klebte. Die Sonne fällt durch die dreckigen Fenster an der Decke auf Metallkonstruktionen, Schienen und Förderbänder – alles liegt noch so gerade eben im Zwielicht. Der Führer wusste aber seine Gruppe zu lenken, so dass niemand zurückblieb. Ich musste also auch mit den Schnappschüssen leben, die ich während der Erklärungen machen konnte. 😉

Die Kokerei hatte bei der Technik noch eine ganze Menge mehr zu bieten, von dem ich keine Ahnung hatte. Die Bauweise (wie sie auch heute noch in Sichtweite im Betrieb ist) wirkt auf der einen Seite so metallisch grob und mechanisch, während in jede anderen Branche die Elektronik aus jeder Oberfläche quillt, und ist dabei doch unfassbar zerbrechlich, weil die ganze Konstruktion bei Lieferproblemen des Ausgangsmaterials, falschem Timing oder größeren mechanischen Problemen in einer Kaskade auseinanderbröckelt. Nach Monaten des langsamen Hochfahrens brennt quasi ein Großteil der Anlage bei über 1000 Grad bis zu ihrem Lebensende.

Danach rostet sie vor sich hin und wird zum Veranstaltungsort umgebaut. Unsere Führung hatten wir z.B. durchgängig mit elektronischen Musikuntermalung und Partystimmung im Werkspool. Da treffen Gegenwart und Vergangenheit aufeinander.

Am späten Nachmittag machten wir uns dann doch nicht mehr zum Baldeneysee auf, sondern blieben in der Essener Innenstadt auf einige vegane Köstlichkeiten. 🙂

Dies beinhaltet einen Becher Lupineneis der Marke Madewithluve in der Sorte Schokolade. Inzwischen kann ich den Vergleich zum Milcheis nicht mehr ziehen, sondern nur noch meine Meinung dazu abgeben, ob es schmeckt. Den Preis völlig außer acht gelassen: Ja, das tut es! Der nächste Real-Markt bei uns ist für den sicheren Eistransport leider etwas zu weit entfernt - so bleibt es ein ganz besonderer Leckerbissen.

Die Pizzaria Zodiac in Essen Rüttenscheid backt grundsätzlich vegetarisch und auf Wunsch vegan mit einem Pizzakäse auf Sonnenblumen-Basis. Die esoterische Speisekarte muss man dabei in Kauf nehmen. Aber hinter der Pizza Jungfrau – die man auch als Widder bestellen darf – verstecken sich nur Champions, Sesam, grüner Pfeffer und Räuchertofu. Sehr lecker fettig knoblauchig, wenn man sie im nahe gelegenen Park im Schneidersitz auf dem Rasen verspeist.

Ein toller Tag. 🙂